„Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt“ … Im letzten Beitrag vermerkten wir resigniert: Muttergebundene Kälberaufzucht ist hierzulande ein Fremdwort. Die gängige Praxis: Das Kälbchen, wenn nicht gleich ins ferne Ausland deportiert, wird der Mutter weggenommen und muss in den Iglu, wie die winzige Kälberhütte im Fachjargon heißt. Die Mutter sofort zurück in den Produktionsprozess, eine mit Kraftfutter gedopte auf Höchstleistung getrimmte Milcherzeugungsmaschine. Mutter gebundene Rinderaufzucht ist einfach nicht „in“.
Auch muttergebundene Kinderaufzucht – am Frauentag sei ein Blick über die Stalltür hinaus gestattet – scheint auch unter uns Menschen nicht so „in“ zu sein. Nach mehr oder minder kurze Karenz die Mütter schnell wieder zurück in den Arbeitsprozess. Wenigstens lautet die Forderung am Frauentag „mehr Kinderkrippen“ und nicht „Müttergehalt“. Zugegeben, unsere Vorzeigemütter an oberster Stelle, die Ministerinnen Köstinger und Zadic sind nicht auf z.B. 1.500 € Mütttergehalt angewiesen. Mann mag die Dotation eines Ministeramtes zu hoch oder gemessen an der Verantwortung für zu niedrig halten, der ministerielle Monatslohn lässt den Amtsträger jedenfalls nicht in Armut versinken. Dazu sind Ministerinnen privilegiert, Sie können ihr Baby mit ins Büro nehmen und nach Herzenslust stillen. Kein Sektionschef kann sie daran hindern. Supermarktkassiererinnen, Fließbandarbeiterinnen Bus Lenkerinnen und die meisten anderen Berufstätigen können das nicht und stehen auch einkommensmäßig nicht so günstig da.
Man könnte meinen, eine respektable finanzielle Hilfe als Zuschuss oder als Grundeinkommen würde viele Mütter freuen. Doch schon der Gedanke an Müttergehalt empört die meisten Frauen Aktivistinnen. Sie setzen auf die Kinderkrippe.
Zurück zu unserem Metier, in den Stall und zu den Rindviechern. Nicht einmal die oberste der Kühe die Leitkuh darf anders als die Ministerin ihr Kind bei sich haben. Es wird ihr weggenommen wie allen anderen Kühen weggenommen für immer. Sie kann es nicht abends aus dem Iglu abholen wie aus der Kinderkrippe. Zur Erläuterung: Beim Rind hat die Evolution den Feminismus siegen lassen. Selbst in der nicht ungefährlichen Savanne führt die Herde eine Kuh, eine erfahrene; der Stier hat da nichts zu reden.
Also, Menschenmütter könnten, wenn sie wollten, zu Müttergehalt kommen. Doch sie bevorzugen die Kinderkrippe. Für die Kuh Mutter bedeutet die Verbringung ihres Kindes in den Iglo so eine Art Kinderkrippe Schmerz und Leid, sie kann es aber nicht ändern.
Ändern könnten es nur wir Menschen, wir Konsumentinnen und Konsumenten. Eine Kuh ist ein sensibles Wesen, die Trennung von ihrem Kälbchen ist für sie Qual.
Übrigens, in Deutschland ist das schon, etwas weiter im Raum Hamburg kann man schon seit Jahren in etlichen Supermärkten Milch aus Betrieben mit muttergebundene Kälberhaltung kaufen. Vor eineinhalb Jahren hat Provieh, früher Verein gegen Tierquälerrische Massentierhaltung, zusammen mit dem DemeterVerband ein Siegel für solche Milch geschaffen. Wir zitieren aus der Vereins Aussendung:
Gemeinsames Leuchtturmprojekt mit den HeuMilch Bauern
PROVIEH freut sich, die Pioniere der wesensgerechten kuhgebundenen Kälberaufzucht als „Nutz“tierschutzverein zu begleiten und das Verbundprojekt „Kuh plus Kalb“ gemeinsam initiiert zu haben.
Die Demeter Erzeugergemeinschaft aus den Regionen Bodensee, Allgäu, Linzgau und Oberschwaben, die ihre Produkte regional und unabhängig vermarktet, praktiziert eine Milchwirtschaft nach höchsten Tierwohlstandards. Die 31 zertifizierten Bio-Betriebe arbeiten nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft in einem geschlossenen System: Sie verfügen nur über so viele Tiere, wie es das Land hergibt und keine Tiere werden zu- oder verkauft. Die Rinder werden gemäß ihren tierphysiologischen Ansprüchen gehalten: Als Wiederkäuer sind Rinder auf besonders rohfaserreiches Futter eingestellt. Der Name verspricht es schon, die Bauern sind HeuMilch-zertifiziert: Es werden ausschließlich Gräser verfüttert. Im Sommer ist damit Weidegang für die Kühe selbstverständlich und im Winter bekommen sie Heu gefüttert. Unphysiologischer Mais oder importiertes Sojaschrot sind für die Tiere tabu. Ein weiteres besonderes Merkmal: Die Rinder tragen bei den HeuMilch Bauern stolz ihre Hörner. Denn diese gehören zum Tier dazu!
Das Herz der Erzeugergemeinschaft ist jedoch die kuhgebundene Kälberaufzucht: Alle Kälber, männlich wie weiblich, bleiben mindestens drei Monate bei ihren Müttern und verlassen auch zur Mast nicht den Hof. Für die HeuMilch Bauern und für PROVIEH gilt: Keine halben Sachen – auch nicht bei den Bullenkälbern.
Eine integrative, herdengebundene sowie kuhgebundene Kälberaufzucht macht die HeuMilch Bauern zum idealen Leuchtturmprojekt für die gesamte Milchviehbranche.