Pressedienst ARIWA 19.11.2020, Berlin / Gnoien: In Mecklenburg-Vorpommern wurde die Tötung zehntausender Hühner und Puten nach Infizierung mit dem Vogelgrippe-Virus H5N8 angeordnet, unter anderem auch im Bio-Legehennenbetrieb Gut N… .. Der Betrieb gehört zur Erzeugergemeinschaft N. … , einem der größten Bio-Eier-Produzenten Deutschlands. Nach aktuellen Verlautbarungen sollen nun 67.000 Hennen in diesem und einem Nachbarunternehmen getötet werden.
Dass so viele Tiere betroffen sind, liegt auch an der laxen Umsetzung der rechtlichen Vorgaben für die Maximalbetriebsgröße. Laut EG-Öko-Verordnung dürfen Bio-Hennenställe maximal 3.000 Tiere fassen. In der Praxis werden jedoch riesige Hallen einfach in mehrere Stallabteile mit je 3.000 Tieren unterteilt – ohne vollständige Trennung oder gar Abdichtung. Statt 3.000 Tiere in einem Abteil werden deshalb nun die Hennen in allen Abteilen einer Halle getötet. „Die Tötung von gesunden Tieren stellt dabei blinden Aktionismus dar, der ausschließlich ökonomisch motiviert ist: Einfuhrverbote für deutsches Geflügel in andere Länder soll verhindert und die Konsument*innen sollen beruhigt werden“, erklärt Sandra Franz, Pressesprecherin von Animal Rights Watch (ARIWA). „Die Ausdehnung der Keulungen auf mehrere Hallen oder Standorte eines Betriebs ist völlig absurd und zeugt von völliger Hilfslosigkeit und fehlender Achtung vor dem Leben.“
System Tierindustrie ist Ursache für Epidemien
ARIWA veröffentlichte 2012 Foto- und Videomaterial aus Gut N …[1]. „Die schlimmen Bilder von gestressten, mit Parasiten befallenen, kranken, halbnackten und sterbenden Hennen auf engstem Raum machen schnell klar, dass die Betriebe selbst einen willkommenen Nährboden für alle möglichen Krankheiten darstellen. Die typischen Haltungsbedingungen schwächen die Tiere so sehr, dass sie einer Viruserkrankung nichts entgegensetzen können“, so Franz weiter.
Da ist es kein Wunder, dass die hochpathogenen, tödlichen Keime erst in den industriellen Vogelställen selbst entstehen [2]. Aus diesen Anlagen gelangt das Virus – trotz erhöhter Hygienestandards, trotz Stallpflicht und der Tötung ganzer Herden, trotz des Verbots der Ausbringung von Kot – wieder ins Freie, wo seiner weiteren Verbreitung durch Kot auf den Feldern sowie durch Transporte von Tieren, Futter, Einstreu und Abfall Tür und Tor geöffnet ist. „Da die genauen Verbreitungswege gar nicht bekannt sind, können die Behörden keine geeigneten Maßnahmen ergreifen, um das Problem zu lösen“, betont Sandra Franz. „Deshalb konzentrieren sie sich auf das Management der Epidemie, das heißt auf Massentötungen in den betroffenen Betrieben. Durch die Genehmigung von immer größeren Tieranlagen, auch im Bio-Bereich, erhöht sich zudem nicht nur zwangsläufig die Zahl der betroffenen Tiere im Fall eines Infektionsgeschehens, sondern auch das Infektionsrisiko an sich. Im Interesse einer möglichst kostengünstigen Tierproduktion wird beides aber wissentlich in Kauf genommen – auf Kosten der Tiere und unter Gefährdung des öffentlichen Gesundheitsschutzes.“
Das Leben von Menschen und Tieren wird gefährdet
Mit der weiteren Ausbreitung der Vogelgrippe steigt auch die Gefahr von Zoonosen, also der Krankheitsübertragung von Tieren auf Menschen. Besonders gefährdet sind zudem Wildvögel, darunter auch seltene Arten. „COVID-19 zeigt ganz akut, dass die Gefahr von Pandemien eng mit dem System Tierindustrie verbunden ist“, so Sandra Franz. Denn nicht nur bei COVID-19 wird der Ursprung auf einem Tier- und Fleischmarkt vermutet. Wissenschaftliche Studien zeigen seit Jahrzehnten, dass drei Viertel aller neuen Krankheitserreger von Tieren stammen. Als Hauptursachen gelten zum einen die fortschreitende Zerstörung der natürlichen Lebensräume von Wildtieren, die Menschen in Kontakt mit neuen Tierpopulationen bringt, zum anderen die weltweite „Nutztierhaltung“, insbesondere in ihrer heute verbreiteten industriellen Form.
Ein Stopp von Epidemien aus der Tierhaltung sowie der Schutz von Mensch und Tier können unter Beibehaltung der kommerziellen Tierhaltung schlicht nicht gewährleistet werden. Das Pulverfass Tierindustrie lässt sich nur entschärfen, indem es stillgelegt wird.
[1]: https://www.flickr.com/photos/animalrightswatch/albums/72157694202119334
Pressekontakt:
Sandra Franz, Tel.: 01577-6633353, E-Mail: presse@ariwa.org
Animal Rights Watch e.V. (ARIWA) ist eine gemeinnützige Tierrechtsorganisation. ARIWA deckt die Zustände in der Tierindustrie auf und fördert eine tierfreundliche, vegane Lebensweise. Bundesweite Bekanntheit erlangte ARIWA durch die Veröffentlichung von Recherchen in Bio-Betrieben und Schweinezuchtanlagen und durch die Ausrichtung der „Vegan Street Days“ in Stuttgart und Dortmund. Zahlreiche politische TV-Magazine sowie viele Print- und Onlinemedien nutzen regelmäßig von ARIWA zur Verfügung gestelltes Bildmaterial.