Wie sich die Zeiten ändern. Vor hundert Jahren konnten es Bauernkinder im kalten Herbst auf der Weide kaum erwarten: Wann kommt bei ihren Kühen hinten endlich wieder einmal etwas heraus! In den dampfenden Kuhfladen ließen sich die nackten Füße so gut wärmen. Heute beschwert sich ein Tierrechtler dass ihm die Verdauungsreste unserer Rindviecher denn Weg zum Berggipfel beschwerlich machten. Auch die reinen klaren Bergbacherln würden sie versauen. (Siehe „Krieg den Almen“).
Ja mit den Exkrementen ist das so eine Sache. Auch mit unseren eigenen Fäkalien, die wir Menschen unentwegt mehr oder auch minder geklärt nebst anderem Dreck und Gift so in die Gewässer schicken, haben deren Bewohner nicht immer Freude. Manche macht das sogar so traurig, dass sie daran sterben. Still und stumm, wie es Fischen geziemt.
Unsere Almen deckt jetzt der Schnee, da lässt sich ohne Aufregung sachlich über Almprobleme reden. Auch weil DDr. Balluch gerade vor ein paar Tagen eine Anzeige an die Behörden gerichtet hat: Landwirte würden auf Almen Gülle spritzen. Das könnte ein Verstoß gegen das Wasserrechtsgesetz sein.
Die skurrile Beanstandung von Kuhfladen können wir wohl beiseitelassen, ebenso wie die behauptete Diskriminierung von Dackeln und anderen Hunden durch Almkühe. Ich glaube, es gibt wohl kaum einen echten Tierfreund, der Fladen und Hunde halber Rinder von den Bergwiesen vertreiben will.
DDr. Balluch greift in seinem Plädoyer gegen die Almwirtschaft aber auch ernste Probleme auf:
Überweidung: Müssen Tiere auf abgeweideten Flächen ohne Grashalm stehen und bekommen sie statt Gras Getreide, hat das nichts mehr mit Tierwohl zu tun. Wird das „Produkt“, ob Milch oder Fleisch, als Ergebnis der Speisung mit würzigen Almkräutern verkauft, ist das außerdem schlichter Betrug am Konsumenten. Ist Überweidung Ausnahme oder Regel? Reichen die wasserrechtlichen Bestandsbeschränkungen? Offene Fragen.
Ein zweites Problem: Die hochgezüchteten Rinder werden zu schwer für die empfindlichen Almhänge. Immer mehr Milch, immer mehr Fleisch aus den Tieren herauspressen, das geht nur mit immer mehr Kraftfutter, Getreide und mehr Gewicht.
Was sich natürlich auch auf ihre Ausscheidungen durchschlägt. Hochzucht kann darüber hinaus dazu führen, dass Tiere gar nicht mehr weidetauglich sind, weil ihr Bewegungsapparat nicht mehr mittut.
Es gab und gibt verschiedene Initiativen , die dem entgegensteuern wollen und auch angeben, dass letztlich kleinere, nicht so hochgezüchtete Tiere, die weniger Kraftfutter, weniger Tierarzt brauchen, wirtschaftlicher sind, wie etwa die Initiative „neue Schweizer Kuh“ (wir hatten vor einiger Zeit berichtet); die kümmern aber eher dahin.
Generell kann die Hochleistungzucht in der Nutztierhaltung zu Qualzüchtungen führen, so sehr ausgeprägt bei Geflügel. Aber auch beim Rind. Besonders betroffen sind hier Einnutzungsrassen (nur Milch, nur Fleisch).
Von der Viehwirtschaft eine Trendumkehr zu erwarten dürfte vergeblich sein. Abhilfe könnten wohl nur Initiativen der Tierschützerinnen und Tierschützer bringen, wie dies etwa beim Freilandei der Fall war. Leider scheint das Interesse sich hier zu engagieren, bei dem in Frage kommenden teils durchaus finanzstarken Vereinen nicht sonderlich groß zu sein.
Leider können Konsumenten im Supermarkt nicht wählen zwischen Milch von eher tierfreundlicheren nicht so hoch gezüchteten Rassen und anderen, auch nicht zwischen Milch von Kühen, deren kälbertierfreundlicher aufgezogen werden und solchen, deren Kinder auf schmerzliche Reise ins fernere Ausland müssen. In den Molkereien wird alles zusammen gemischt.
Doch zweierlei kann jeder, der nicht gerade vegan werden will, tun: Nur Milch mit dem Label eines renommierten Tierschutzvereins kaufen, z.B. dem weißblauen Zeichen „TIERWOHL kontrolliert“ (auf vielen „zurück zum Ursprung“-Artikeln bei Hofer, und bei Handelsketten und auch Tierschutzvereinen immer wieder lästig werden mit dem Wunsch nach mehr Auswahl bei Milch .
E.L.