Latschen und Wald statt Almwiesen, Rinder und Schafe zurück ins Tal, forderte kürzlich nicht irgendwer, nein der Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VgT) DDr. Balluch. Almweide ist ziemlich der einzige Lichtblick, der wenigstens einem kleinen Teil der Rinder im meist artwidrig trostlosem Leben zuteil wird. Interessant, so eine Forderung aus dem Mund eines radikalen Tierrechtlers?
Weshalb? Es ist eine lange Beschwerdeliste gegen Almbauern und ihre Kühe, die der VgT-Obmann da zusammengestellt hat. Man kann sie nachlesen s.u., doch seine Hauptmotive sind zwei: mehr Raum für Wildtier und mehr Wald/Latschen fürs Klima.
Zum Ersten: Wir müssen den Wildtieren Lebensraum zurückgeben, meint Balluch. Wir haben sie an den Rand gedrängt, sie dezimiert, viele ausgerottet. Traurig. Nur, die Almlandschaft zeichnet sich In Flora und Fauna durch höhere Diversität aus als Latschendickicht. Was brächte das dem Wildgetier? Es ist seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden Almvieh gewöhnt. Was es fürchtet und vertreibt, ist wohl eher der überbordende quasindustrielle Fremdenverkehr, Skizirkus, Seilbahnen etc., Mountainbiker, frei laufende Hunde – und der Wolf.
Der Wolf. Liegt da der Keim für den Angriff auf die Almkühe und Schafe? Der VgT-Obmann ist bekanntlich mit Leib und Seele Wolfsfreund. Landwirte mögen den Beutegreifer nicht, verständlich. So wie Städter daheim in der Wohnung keine Hausratten haben möchten, mögen die auch vom Aussterben bedroht auf der Roten Liste stehen und schützenswert sein. Eine Retourkutsche? Wenn ihr Bauern wolfsfreie Zonen verlangt, dann fordern wir Wolfsfreunde eben kuh- und schafsfreie Gebirge. Damit das ewige Gejammer über gerissene Schafe endlich aufhört.
Zum zweiten Punkt: Wenn die für unser Klima so wichtigen Regenwälder schwinden, müssen wir – meint Balluch – eben in Europa mehr Wald schaffen.
Mögen Latschen statt Almwiesen dem Weltklima helfen oder nicht – der Vorschlag klingt ein wenig nach Kirche ums Kreuz tragen statt das Kreuz um die Kirche.
Regenwald pachten?
Warum bemüht sich Europa nicht ernstlich um den Schütz der Tropenwälder. Derzeit, so der Eindruck, besteht unsere Politik darin, den brasilianischen Präsidenten einen rechtsradikalen oder sonst was Böses zu schimpfen und im Übrigen eifrig Produkte voller Palmöl zu kaufen. Und fröhlich Soja aus gerodeten Urwaldflächen zu importieren. Für unsere Mastschweine. Denn: Das Schnitzel muss billig bleiben. Und die EU tut noch was dazu und ist gerade dabei, mit Südamerika ein neues Abkommen für noch mehr Freihandel abzuschließen (s.u.). Regenwald pachten? Wir in Europa sind reich geworden. Weil wir vereinfacht gesagt, im Lauf der Zeiten die Wälder gerodet und Kulturland geschaffen haben. Äcker, Städte, Industrie. Die in ärmeren Gegenden möchten das jetzt auch und da sind wir böse? Tst das nicht ein bisserl egoistisch. Wenn uns die Tropenwälder wirklich so teuer sind, warum lassen wir sie uns nicht etwas kosten? Ein ganz kleines Eckerl von dem, was wir haben. Ein halbes Prozent unseres Einkommens zum Beispiel. Das wären in der EU etwa hundert Milliarden € jährlich Als Pachtzins für Wald beispielsweise oder andere geeignete Maßnahmen.
Bevölkerungswachstum – einfach zuschauen?
Eine Ursache der stetigen Entwaldung, meint auch Balluch, ist das enorme Bevölkerungswachstum. Ist die Einwohnerzahl in den europäischen Ländern meist nur etwa um die Hälfte gewachsen, ist es in Afrika mehr oder minder das zehnfache. Das nagt natürlich auch an den Urwäldern. Und lässt Flüchtlingsströme nach Europa überschwappen. Interessanterweise lässt das unsere Politiker gleichgütig. Oder meinen sie vielleicht da kann man halt nichts machen, denn die Kinder bringt der Storch und der steht unter Naturschutz? Das Flüchtlingswesen mit all seinen Folgeerscheinungen kostet Europa viele viele Milliarden. Wäre es nicht sinnvoll der Ursachenbekämpfung Augenmerk zu schenken? Wenn man nur wollte, ließe sich mit ausreichenden Geldmitteln da viel erreichen.
Erwin Lauppert
27.9.2020
Anmerkungen
DDr.Balluch meint, man könnte ja das Almvieh im Talweiden lassen. Leider ist das unter den gegebenen agrarischen Verhältnissen nur ein frommer Wunsch. Auch sein Bestreben, alle sollten vegan werden, das würde alle Probleme lösen, . ist noch fern der Erfüllung. Seit eineinhalb Jahrhunderten bemühen sich Idealisten, ob organisiert oder nicht darum. – Früher strenge Vegetarier genannt, jetzt Veganer. Obwohl es jetzt fast einen Vegan-Hype gibt, liegt die Veganerzahl immer noch bei ein bis zwei Prozent der Bevölkerung, und das mit großer Fluktuation. Das bringt den Nutztieren wenig. Balluch zeigt in seinen Artikeln (siehe unten) auch tatsächliche Missstände in der Almwirtschaft auf. Dazu mehr demnächst in einem weiteren Beitrag. Fakten zum Thema: Rund 40 Prozent der Gesamtflävhe Österreichs sind Wald, 20 Prozent Almen (Stand 2000).
Freihandel mit Südmerika:
https://www.regenwald.org/news/9842/mercosur-eu-freihandel-als-brandbeschleuniger?mtu=499853101
Artensterben:
Wildtierbestände weltweit im Schnitt um zwei Drittel zurückgegangen
DD.Balluch:
https://martinballuch.com/ein-kritischer-blick-auf-almen/https://martinballuch.com/von-almen-und-der-zerstoerung-von-naturlandschaften/https://martinballuch.com/die-almhaltung-und-der-tierschutz/