Ei; Besser lein’s, aber wenn schon ein’s,
dann das Freilandei mit dem Label „tierschutzgeprüft“
ES war vor einem Vierteljahrhundert, da rief mich der Direktor der Handelskette Billa an – ich behandelte damals im Aktiven Tierschutz Steiermark Nutztiersachen und wir waren in Verbindung mit Billa. Der Direktor sagte: Wir machen alles, was ihr Tierschützer wollt – es daff nur nichts kosten. Ich musste den Manager enttäuschen – Tierschutz gibt es genau so wie Menschenschutz nicht zum Null-Tarif. (Übrigens agierte der Billa-Eigentümer Karl Wlaschek doch bemerkenswert tierfreundlich. Er verbannte schon um 1992 Käfigeier aus den Regalen seiner Kette und öffnete so den Weg für das spätere Verbot der Batteriekäfige).
In der Sommernummer 2015 der animahatten wir von einer erfreulichen Aktion großer Handelsketten berichtet, wenigstens im Bio-Sektor nur mehr Eier von Zweinutzungs-hühnern in die Regale zu lassen. Damit wäre hier der Tötung männlicher Küken ein Ende gesetzt; die würden etwa drei Monate lang zu „Masthähnchen“ herangefüttert. Leider, zu früh gefreut. Aus Handel ud Erzeugung verlautet, das rentiert sich nicht, die Hennen legen zu wenig.n Zürück zum Ursprung (Hofer) bestätigt, man sei zu reinen Legerassen/linien zurückgekehrt, ziehe aber deren männliche Küken auf und schlachte die dann 1,1 kg schweren Tiere nach zehn Wochen. Das sei defizitär, die Differenz müsse aus dem Eierlös gedeckt werden. Der Name „Hahn im Glück“ bleibt.Rewe spricht wenig präzise von Umstellung auf neue Genetik, vitaleren und agileren Zweinutzungstieren mit besserer Legeleistung ohne nähere Angaben. Die Fa. Toni’s entscheidet erst im Juni, ob sie bei der echten Zweinutzungsrasse bleibt.
Die Hennen legen zu wenig Eier – ist das nicht eine sehr einseitige Sichtweise? Man könnte genau so sagen, die Konsumenten zahlen zu wenig, die Ketten legen die Preise zu niedrig fest. Nebenan stehen Worte, die der Initiator der bäuerlichen Kreditgenossenschaften Raiffeisen vor gut 130 Jahren gesagt hat. Sie könnten genau so gut heute gesagt werden. Es geht uns so gut, wie man es vor hundert Jahren nicht für möglich gehalten hätte. Unterschätzen die Ketten vielleicht die Bereitschaft vieler Konsumenten, für Gutes mehr zu zahlen.
Karl Wlaschek, wir erzählten es zu Beginn, hatte den Mut, seinen Kunden nur Besseres zu bieten, zu einem höheren Preis. Billa ist darob nicht in Konkurs gegangen. Fehlt heute im Handel der Mut?
Ob die neue Linie, die Doppelnutzung der Legerassen für Henne und Hahn ein Nutzen ist? Für die Henne sicher nicht, sie unterliegt weiterhin dem Stress, viel zu viele Eier legen zu müssen, der Druck auf „Rationalisierung“ sprich mehr Leistung und weniger „Komfort“ ist noch größer geworden, da sie ja auch die Männchen „finanzieren“ muss.Die Fleischausbeute der Männchen wird die Nachfrage nach Brathähnchen kaum verringern, also hier auch kaum indirekter Nutzen (=weniger Masthühner). Ob für die Männchen zehn Wochen Leben den Stress im engen Stall, die quälerischen Strapazen des Wegs zum Schlachthof und der Schlachtprozetdur fwiegen, oder ob der rasche Tod als kleines Küken nicht das bessere Los ist, wagen wir nicht zu entscheiden.
Wir hatten in den früheren Nummern unserem Slogan; Besser lein’s, aber wenn schon ein’s, dann das Freilandei mit dem Label „tierschutzgeprüft“ den Zusatz „nur von Zweinutzungshühnern“ beigefügt. Wir können diese Empfehlung nicht mehr mit gutem Gewissen bekräftigen. Vollinhaltlich stehen wir hinter der Empfehlung „Ei? Besser kein’s!“.
Erwin Lauppert ( aus anima Nr 1(Frühjahr )2016)