Im deutschen Bundesland Nordrhein- Westfalen gibt es das vom Tierschutz in den meisten Staaten seit langem vergeblich gefordertte Verbandsklagerecht bereits, doch wie der nachstehenden Presseerläung der Tierschutzorganisation Animal Rights Watch zu entnehmen , wohl nicht mehr lang.
Düsseldorf, 06.11.2018: Das Tierschutz-Verbandsklage-Gesetz in Nordrhein-Westfalen läuft Ende 2018 aus, sollte es nicht verlängert werden. Alles deutet darauf hin, dass es die CDU-FDP-Regierung genau darauf anlegt – als Zugeständnis an die Agrarbranche, die den Ausgang mehrerer Klageverfahren zu fürchten hat. Allein die von Animal Rights Watch (ARIWA) angestoßenen Klagen könnten zu erheblichen Änderungen in der Tierhaltung führen, grausame Praktiken und sinnloses Töten beenden, Tierschützer/innen Einblick in die Vertuschungspraktiken der Veterinärämter gewähren sowie die Seilschaften und Abhängigkeiten von Politik und Lobby offenbaren. Dass dies nicht im Sinne der Regierungsparteien ist, haben diese bereits mehrfach gezeigt. Erst letztes Jahr strebte die CDU in Nordrhein-Westfalen mit einem eigenen Gesetzentwurf die Aufhebung des Verbandsklage-Gesetzes an.
Im Juni 2013 hat Nordrhein-Westfalen als zweites Bundesland die Tierschutz-Verbandsklage eingeführt. Das Gesetz ermöglicht es anerkannten Tierschutzorganisationen, den Vollzug bestehender Gesetze und Verordnungen vor Gericht einzuklagen. ARIWA hat in diesen fünf Jahren vier Verbandsklagen auf den Weg gebracht, die im Erfolgsfall gravierende Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Tierhaltung und deren Überwachung hätten.
So wirkt ARIWA unter anderem auf ein Verbot der Kastenstandhaltung für Zuchtsauen hin. Denn obwohl das Bundesverwaltungsgericht bereits 2016 bestätigt hat, dass die gängige Kastenstandhaltung seit 30 Jahren sowohl der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung als auch dem Tierschutzgesetz widerspricht, bleiben die Behörden bis heute untätig. [1] Des Weiteren pocht ARIWA darauf, den tierschutzwidrigen Verkauf lebender Hummer verbieten zu lassen. Denn nicht nur der lange Transport aus Nordamerika und die sogenannte »Hälterung«, die Aufbewahrung lebender Tiere, führt zu Leid und Schmerzen bei Hummern. Auch die allein zugelassene Tötungsmethode – die Tiere lebendig in siedendem Wasser zu kochen – ist in jedem Fall tierschutzwidrig. [2]
„Eine erfolgreiche Verbandsklage auf Akteneinsicht könnte auch erhellende Einsichten in die Kontroll- und Vertuschungspraktiken einiger Veterinärbehörden bringen“, sagt Sandra Franz, Pressesprecherin von Animal Rights Watch. Mangelhafte oder fehlende Kontrollen führen regelmäßig dazu, dass Rechtsverstöße jahrelang nicht aufgedeckt werden. Durch die Verweigerung jeglicher Akteneinsicht haben viele Veterinärämter die erforderliche Transparenz vermissen lassen und so die Verbandsklage bereits im Ansatz ausgehebelt. Besonders hob sich mit dieser Taktik der Kreis Steinfurt hervor, in dem auch die Schweinemast der Familie der ehemaligen CDU-Landwirtschaftsministerin Christina Schulze Föcking liegt. Ihr und ihrem Mann droht ein mögliches Berufsverbot, sollte die anhängige Tierschutz-Verbandsklage von ARIWA erfolgreich sein. [3]
Ob diese Klagen weitergeführt werden können, wenn das Gesetz außer Kraft treten sollte, ist zum jetzigen Zeitpunkt ungewiss. Eine Verfahrenseinstellung dürfte der Koalition in NRW gelegen kommen: „CDU und FDP machen seit jeher Lobbypolitik für mächtige Branchen. Der Tierindustrie greifen sie auch dadurch unter die Arme, dass sie eine härtere Bestrafung von Recherche-Aktivist/innen und den Entzug der Gemeinnützigkeit für Organisationen, die entsprechendes Filmmaterial veröffentlichen, fordern“, ergänzt Sandra Franz. „Das Ende des Tierschutz-Verbandsklage-Gesetzes in NRW wäre ein herber Rückschlag für den Tierschutz, der immerhin seit 2002 Verfassungsrang besitzt.“
Pressekontakt: Animal Rights Watch: Sandra Franz, Tel.: 01577-6633353, E-Mail: presse@ariwa.org
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